Ostergruß von Pfarrer Krug

 

 

 

Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder in Christus,

woran denken Sie bei Auferstehung in diesem Jahr? Woran denken Sie bei der Botschaft von Jesu Auferstehung in Zeiten einer Pandemie? Im Glaubensbekenntnis bekräftigen wir: Ja, ich glaube an Jesus Christus, am dritten Tage auferstanden von den Toten. Ja, ich glaube an die Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben.

Solches Sich-Vergewissern weckt Hoffnung in einer Zeit, in der sich die Ausgangsbeschränkungen hinziehen, eher Karfreitagsstimmung vorherrscht, nicht klar ist, was da noch alles auf uns zukommt. Was soll da Auferstehung bedeuten? Die Hoffnung des Ostermorgens?

Schauen wir zurück in die Zeit der ersten christlichen Gemeinden – wie war es damals um diese Hoffnung bestellt und können wir uns von dieser Hoffnung anstecken lassen? Paulus schreibt an eine Gemeinde von lauter Neugetauften. Die Gemeinde in Korinth um das Jahr 50 n.Ch. war noch jung, viele hatten gerade erst zum Glauben gefunden. Sie haben Jesus Christus nicht persönlich gekannt, hatten auch keine Begegnungen mit dem Auferstandenen. Sein Land war ihnen fremd. Erst durch Paulus haben sie von der wunderbaren Geschichte gehört, die da in Israel, auf der anderen Seite des Meeres, geschehen ist. Und sie haben eine ganze Menge Fragen. Sie kennen nicht, wie die Juden, das Alte Testament. Auch die Geschichte vom Sündenfall und der Vertreibung aus dem Paradies ist für sie neu. Sie lernen von Paulus, dass durch Adams Fall das Schicksal der Sterblichkeit über die Menschen gekommen ist. Und dass durch Christi Leiden und Sterben und durch sein Auferstehen diese Macht des Todes überwunden ist. Christus ist auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind, schreibt Paulus an die Korinther.

Vor ein paar Jahren haben meine Frau und ich in Istanbul die kleine Chora-Kirche besucht. Mir verschlug es förmlich den Atem, als ich drinnen stand und auf das Fresko über mir blickte (siehe Bild oben). So dynamisch habe ich den Auferstandenen selten gesehen. Eine unbändige Hoffnung wird wach: Christus zieht dich aus dem Tod ins Leben. Genauso, wie er Adam und Eva am Handgelenk packt und sie aus dem Reich des Todes ins Leben zieht. Alle Mächte der Finsternis sind entmachtet, die dich dort festhalten wollen. Allein der Auferstandene hat Boden unter den Füßen, steht auf festem Grund. Die Pforten der Unterwelt sind zertrümmert, liegen in ihre Einzelteile zerlegt. Im Reich des Todes herrscht ein einziges Durcheinander. Allein durch Christus kommt wieder Ordnung in unser Leben. Der Auferstandene packt dich an der Hand und zieht dich ins Leben.

Das ist Ostern!

Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine Wort Gottes, das wir zu hören, dem wir im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben (Bekenntnis von Barmen - These I)

Liebe Gemeinde, dieses Bekenntnis von Barmen hilft auch uns, unsere „kleinen Kreuze" zu tragen, gerade weil wir sie nicht allein tragen müssen. Einer, der seinen Einsatz für andere mit dem Leben bezahlt hat, Dietrich Bonhoeffer, hat einmal gesagt: "In Christus leben wir nicht mehr unser Leben, sondern Christus lebt sein Leben in uns". Das gab ihm die Freiheit, sich bis zum Äußersten einzusetzen gegen Unrecht und Gewalt, dagegen, dass willkürliches Morden das letzte Wort behält auf dieser Welt. Wenn Christus sein Leben in uns lebt, dann ist Glaube keine Vertröstung, sondern bewirkt etwas, schon jetzt, in diesem Leben. In einem persönlichen Glaubensbekenntnis setzte Dietrich Bonhoeffer der todbringenden Ideologie der Nationalsozialisten seine tiefste Überzeugung entgegen. Die Kraft seiner Worte strahlt auch aus auf unsere Zeit. Bonhoeffer schreibt:

Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Guten entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen.

Und Bonhoeffer fügt hinzu: In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.

Liebe österliche Gemeinde, Jesus Christus, der Auferstandene, zieht uns ins Leben, wo auch immer auf Erden. Da gibt es keine Grenze, vor der er Halt macht. Es ist nicht irgendein Leben, sondern ein Leben in der Nachfolge Christi. Das bedeutet, sich einzusetzen hier und jetzt, für die Menschen in unserer Gesellschaft, die unter den Auswirkungen der Corona-Krise am meisten leiden. Aber auch für die Menschen weltweit, die bereits vor dieser Krise von der Hand in den Mund lebten und nun existentiell gefährdet sind. Als Tagelöhner verfügen sie nun über gar keinen Verdienst mehr, können nichts einkaufen, staatliche Hilfe erreicht nur die wenigsten. Zur Angst vor Ansteckung kommt der Hunger. Freunde aus Indien und Bolivien berichten, dass für viele Familien der Hunger an die Tür klopft und es ums nackte Überleben geht. Den Fingerpuppenfrauen in El Alto z.B., die uns in den vergangenen Jahren mit ihren kleinen Kunstwerken erfreuten, brechen im Augenblick ihre Einnahmen weg. Überlassen wir sie nicht dieser verzweifelten Situation! Allerorten laufen Initiativen an, wenigstens eine Notversorgung mit Lebensmitteln sicherzustellen. Die Liebe, zu der uns Jesus Christus anstiftet, lässt uns aufstehen, weckt grenzenlose Leidenschaft, für das Leben einzutreten, das Leben am Laufen zu halten. Die Pandemie wird uns weiter in Atem halten, fast alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Lassen wir uns dadurch nicht hinunterziehen. Arbeiten wir alle zusammen daran, dass sich die Auswirkungen in Grenzen halten, wo auch immer auf Erden. Es kommt auf uns alle an, lassen wir uns nicht entmutigen!

Wir sind durch Jesus, den Auferstandenen, ins Leben gezogen. Dadurch bekommen auch wir Boden unter die Füße und gehen an seiner Seite. Du stellst meine Füße auf weiten Raum, heißt es in Ps 31,9. Der Auferstandene stärkt uns den Rücken, lässt uns aufrecht gehen! Er ist der gute Hirte (Joh 10,14) und führt uns auf rechter Straße um seines Namens willen. Amen. Und der Friede Gottes, der weiter reicht als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen.

 

 

 

 

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